Skepsis ist groß – Wie Landwirte ihre Branche in der neuen Bundesregierung vertreten sehen

Die neue Bundesregierung ist seit gut 100 Tagen im Amt. Dem neuen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von Bündnis 90/Die Grünen trauen viele Landwirte nicht viel Umsetzungskraft für ihre Belange zu. In einer Panelbefragung der AOL4media wurden jetzt 200 Landwirte befragt.

In der neuen Bundesregierung stellt die Partei Bündnis 90/Die Grünen sowohl das Bundesumwelt- als auch das Landwirtschaftsministerium. Beide Ministerien haben einen erheblichen Einfluss auf die Landwirtschaft in Deutschland. Die Hälfte der 200 im Panel befragten Landwirte glaubt an ein besseres Verhältnis der beiden Ministerien. Ebenso glaubt jeder zweite, dass Beschlüsse schneller getroffen werden, da beide Ministerien von einer Partei geführt werden. Allerdings erwarten die Landwirte von diesen Beschlüssen mehrheitlich negative bis sehr negative Auswirkungen auf ihren Betrieb (73,5 Prozent).
Für die Hälfte der Befragten ist die Aktivität zwischen Bundesumweltministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium ausgewogen, ein Drittel (31,5 Prozent) findet das Landwirtschaftsministerium hier aktiver in Bezug auf die Auswirkungen auf die Landwirtschaft.

Bewertung Minister

Der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir bekommt im Panel keine guten Ergebnisse (siehe Grafik). Fast die Hälfte der Befragten vermutet, dass Cem Özdemir die Ergebnisse der Bochert-Kommission in seiner künftigen Arbeit nicht umsetzen kann (45 Prozent). Nur elf Prozent sehen in ihm den obersten Interessenvertreter für die Landwirtschaft. Dagegen sehen ihn 46,5 Prozent als Interessenvertreter der Tier- und Umweltschützer, dem es ebenso wenig wie seinen Vorgängern gelingen wird, die Interessen von Landwirten, Tier- und Umweltschützern sowie Verbrauchern zu vereinen. Weniger als ein Drittel (26 Prozent) traut ihm zu, dass sich an der Billigpreissituation vieler Lebensmittel etwas ändern wird. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Panelbefragung ganz zu Beginn der Ukraine-Krise stattfand und hier noch keine Auswirkungen berücksichtigt sind.
Insgesamt spiegeln die Panelergebnisse wider, dass sich nach der Mehrheit der Befragten (63,5 Prozent) keine der drei in der Regierungskoalition vertretenen Parteien der Interessen der Landwirtschaft in besonderem Maße angenommen hat. 16,5 Prozent finden, dass sich die FDP am ehesten den Interessen der Landwirtschaft angenommen hat, 11,5 Prozent der Partei Bündnis 90/Die Grünen und nur drei Prozent der SPD.

Die Rahmendaten des Panels: Im Zeitraum 23. 2. bis 5.3.2022 wurden 200 Landwirte bundesweit und prozentual weitgehend analog zur Agrarstruktur durch das Marktforschungsinstitut agri EXPERTS online befragt. Die Teilnehmer waren überwiegend männlich und hatten einen Altersdurchschnitt von 50 Jahren. Knapp 60 Prozent der Befragten bewirtschaften ihren Betrieb im Haupterwerb. Der Anteil der biologisch wirtschaftenden Betriebe in der Befragung lag bei 13 Prozent.

Hintergrund: Mit einer auf verschiedenen Elementen fußenden neuen Marktforschung hat sich die AOL unter dem Begriff „AOL4media“ neu aufgestellt. Partner für die Marktforschungsaktivitäten sind das Marktforschungsinstitut agri EXPERTS aus München und der Agrarmarketingspezialist AgriDirect aus Viersen.
Die Arbeitsgemeinschaft der organisationsgebundenen Landpresse (AOL) ist der Zusammenschluss der elf landwirtschaftlichen Wochenblätter in Deutschland. Mit einer Gesamtauflage von rund 330.000 erreichen die Wochenblätter nahezu alle landwirtschaftlichen Unternehmerfamilien in ganz Deutschland.